1925 verbrachte Werner Heisenberg zwei Wochen auf Helgoland, um seinen Heuschnupfen zu kurieren. „Wenn ich auf meinem Balkon saß, hatte ich oft die Gelegenheit, an Bohrs Bemerkung zu denken, dass man beim Blick über das Meer einen Teil der Unendlichkeit zu ergreifen glaubt“, schrieb er in „Quantentheorie und Philosophie“. An diesen Satz musste ich immer wieder denken, als ich an diesem Bild gearbeitet habe.
In dieser Zeit legte Heisenberg den Grundstein für die Unschärferelation der Quantentheorie, für die er 1932 den Nobelpreis in Physik erhielt. Sein Durchbruch lag darin, ausschließlich mit Beziehungen zwischen beobachtbaren Größen zu arbeiten und alles, was aus nicht messbaren Annahmen bestand, wegzulassen. Und was hat das mit Kunst zu tun?
Ich fand es schon immer viel spannender, Menschen zu fragen „Was siehst Du in dem Bild?“ als die Frage zu beantworten „Was hast Du gemalt? / Was soll das darstellen?“. Das heißt konkret: das Bild entsteht erst in der Beobachtung – genau in dem Moment, genau durch die Person. Und darüber hinaus? Gibt es gar kein Bild? Oder ist es einfach keinem zugänglich, weil es alles sein kann, was man darin sehen kann, aber nicht festgelegt ist? Interessante Gedankenexperimente, während ich Farbe auf eine Leinwand bringe und immer wieder beobachte.
Zum meinem Glück fällt die Anfrage nach einem Bild in Blau, Grau und Weiß in die Zeit, als ich Heisenbergs Gedanken zu Helgoland las: die Aussicht auf das Meer, bei der man glaubt, einen Teil der Unendlichkeit zu ergreifen.